Die ersten Zusammenschlüsse von Studenten hatten ganz praktische Gründe. Wer von zu Hause fortziehen musste, um zu studieren, fand sich in einer unbekannten Umgebung wieder. Der Kontakt mit den bisherigen Freunden und der Familie war lange vor Telefonie und sozialen Medien beschwerlich. Das Zurechtfinden am neuen Ort wurde durch keine Restaurant-Tipps von Google etc. erleichtert. Vereinigungen von Studenten mit gleicher geographischer Herkunft gaben den Neuankömmlingen Hilfe im Alltag und Heimatgefühl. Dieser Aspekt spielt heute natürlich eine geringere Rolle. Dennoch haben wir überdurchschnittlich viele Mitglieder, die nicht aus Zürich und Umgebung stammen, aber durch ihre Mitgliedschaft in der Helvetia sofort über ein gutes Beziehungsnetz am Studienort verfügten.
Nach dem Zerfall der napoleonischen Ordnung anfangs des 19. Jahrhunderts brauchte es einige Zeit, um neue und stabile Verhältnisse zu schaffen. Wie immer unter solchen Umständen waren Studenten politisch besonders aktiv. 1832 gründeten Studenten aus Zürich und Luzern in Hitzkirch die gesamtschweizerische Studentenverbindung Helvetia, eine Sektion in Bern stiess bald dazu. Die Helveter waren „Radikale“, welche die Ideale der Französischen Revolution hochhielten und einen Rückfall in die alte aristokratische Ordnung bekämpften. Während sich die politischen Verhältnisse in der Schweiz 1848 mit der ersten Bundesverfassung im Sinne der Helveter stabilisierten, war die Landschaft der Studentenverbindungen noch bis Ende des 19. Jahrhunderts mit unzähligen Abspaltungen, Fusionen und Namensänderungen in ständiger Bewegung . Die Sektion Zürich der Helvetia besteht nun seit 1893 in der heutigen Form. Die Helveter stehen für den Erhalt der freiheitlichen Ordnung und ihrer Weiterentwicklung ein, pflegen aber keine institutionellen Kontakte zu einer bestimmten politischen Partei oder einer bestimmten Religionsgemeinschaft.
Warum nun soll heute jemand einer Studentenverbindung beitreten, wo doch der Alltag auch mit anderer Hilfe bewältigt werden kann und keine revolutionären Ziele angestrebt werden sollen? Was uns gegenüber anderen Vereinen auszeichnet, ist das Prinzip der lebenslangen Mitgliedschaft, und zwar nicht nur auf dem Papier. An fast allen Anlässen sind Helveter jeglichen Alters anwesend, vom 20- bis zum 90-jährigen, die ausserdem die unterschiedlichsten Studiengänge absolvieren oder Berufslaufbahnen eingeschlagen haben. Der dadurch mögliche Austausch von Erfahrungen über alle Generationen und Fachgebiete hinweg ist in dieser Form einzigartig und äusserst bereichernd.